Oktober 2002

Wie zwei nichts voneinander wollten und mehr bekamen, als man sich wünschen kann!

evalina (37) + FreaK (35)

Wir schreiben das Jahr 2001, Herbst ists und ich habe mich soeben nach 15 Jahren Ehe von meinem Mann getrennt - was man immer von andern hört, auch uns hatte es getroffen: das klassische Auseinanderleben, Respekt verlieren, Liebe töten. Dazwischen die Kinder, immer und immer wieder die Kinder, hin- und hergerissen und gegen aussen (wie auch die Eltern) vernünftig und ruhig, aber innerlich wohl weinend und nicht begreifend. Da war eine Nebenbeziehung, unvernünftig und ohne Zukunft, ein grosser Abstand im Alter und räumlich zwischen uns, letztendlich ein Ergebnis der kaputten Ehe, nicht Ursache. Auch hier dann kurz darauf der Bruch, insgeheim erwartet und doch zu Boden werfend.

Was nun? Versuche, die Scherben meines Lebens zu kitten, unternommen in verzweifeltem Bemühen um "ich bin eine starke Frau und habe niemanden nötig" und Wiedererlangen einer gewissen Balance. Jemand erwähnt swissflirt-Annoncen. Aus Spass und insgeheim wohl um mir zu beweisen, dass da noch was sein kann zwei Inserate geschaltet und ne grosse Menge an Echos flutete rein. Die Versuche, alle zu beantworten, mussten scheitern, die Zeit war mir zu kostbar und die Zuschriften oft zu banal und zu durchsichtig auf rein körperliches aus. Ich? Nein, wollte keine feste Beziehung mehr.

Als eingefleischte Chatterin - die Flirtchats immer voll arg fand - dann mal auf diesen Button gedrückt und kaum drin erschlagen von all den auf mich einstürmenden Flüstereien. Es war ganz lustig da, aber Flucht jeweils nach kurzer Zeit war angesagt, denn die Navigation war echt schräg. Nun, da waren aber nebst den ganzen "woher, wie alt, wie siehst du aus" auch gute Weiber und dann dieser geheimnisvolle Chatter, mit dem ich wenige, ganz gute Gespräche hatte, aber nie geflirtet. Geflirtet mit andern, klar, war lustig aber gebracht hats nicht allzu viel. Hm, irgendwann nach ein paar Wochen dann stellt sich raus, dass dieser Chatter, der andauernd da und doch nicht da war, nur wenige km von mir weg wohnt. Oh, na dann, warum nicht mal mit ihm was trinken gehen? Hm hm, wenn ich geahnt hätte, dass er alles wollte, nur das nicht.. naja, da ich hingegen nun wirklich keine Absichten hatte, rang ich ihm am 5. November 2001 eine Verabredung ab - für 20 Minuten später. Treffen. Auf einem Parkplatz. Ihn. Nachdem ich mit Blind Dates ja schon nach den Inseraten auch schlechte Erfahrungen gemacht hatte... naja, ICH wollte ja nichts von ihm! Er auch nichts von mir...

Was er wollte? Nun, da er sich entschlossen hat, mich unsere Geschichte schreiben zu lassen und sich dezent im Hintergrund zu halten, meine Kurzversion seiner Intention... auch er nach einigen Erfahrungen, die das Leben mit sich bringt und uns im Endeffekt ja zu dem machen, das wir sind, er inmitten seiner Abkapslung (es geht mir gut dabei!!!) wollte ganz sicher keine Frau mehr. War froh, niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen... und sehnte sich doch nach dem, wonach wir uns alle sehnen: Liebe, Vertrauen, Geborgenheit.

Da stand also dieser Mann, und er sah gar nicht mal so übel aus, und wie wir den Abend bei Essen und Kaffee in der Beiz verbringen, lassen meine Augen die seinen nicht mehr los. Grosse, wunderschöne Augen, die mir sehr viel erzählen - vor allem das Gegenteil dessen, was mir der Mund erzählt. Der Mund erzählt, wie gut es ihm gehe so ohne Partnerin und dass er auswandern will. Mein Kopf ist verwirrt und denkt: oh, lass mich ein Grund sein, um ihn nicht auswandern zu lassen.

Der Abschied kommt nach ein paar Stunden, viel zu früh. Daheim ein Gutenacht-sms.. am andern Tag im Chat getroffen, für den wieder nächsten Tag abgemacht. Herzklopfen, Gedanken an Verliebtsein, die ich mir aus dem Kopf schlage. Essen beim Italiener, lustig wars und nervös waren wir und Kaffee bei ihm daheim, er redet und redet und ich nehm seine Hand... und nach einer Weile, die wohl 5 Minuten oder 2 Stunden oder ein Leben gedauert hat, reden wir wieder, ein bisschen nur, und ich gehe nach Hause.

Am andern Abend kuscheln wir die ganz Nacht und 10 Tage später bin ich bei ihm eingezogen.

Dies ist eine grosse Liebe, eine kraftgebende und wärmeschenkende Liebe. Eine Liebe, in der beide sagen: du bist der Mensch, der mich versteht. Endlich. Das kann es also doch geben. Dies ist eine Liebe, in der viel Platz hat, Offenheit, grosses Vertrauen, zwei Dickschädel, die sich respektieren. In der Probleme sofort angegangen werden und an der beide schon ein gutes Stück gewachsen sind. Eine Liebe, die Raum lässt für unbändiges Lachen und in der vor allem die Kinder die Stelle einnehmen, die ihnen gebürt: die erste.

Wir sind nun seit 11 Monaten glücklich und haben nicht vor, das in diesem Leben noch zu ändern.

evalina und FreaK